Tiphanie â Feuer der Sehnsucht by Cordonnier Marie
Autor:Cordonnier, Marie [Cordonnier, Marie]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Weltbild
veröffentlicht: 2013-04-21T22:00:00+00:00
14. Kapitel
Was ist das für eine neuerliche Narretei?«
Man sah Jannik de Morvan an, dass ihn die Dienerin vom Training mit seinen Männern geholt hatte. Das dunkle Haar klebte in Kringeln schweiÃnass am Kopf, strenge Falten furchten die Nasenwurzel, und die Hand im Kampfhandschuh, mit der er sich die Nässe von der Stirn wischte, hinterlieà einen grauen Schmutzstreifen.
»Weshalb lasst Ihr mich herbeizitieren, als sei mindestens das jüngste Gericht angesagt?«
»Weil es mir nötig erschien«, sagte Dame Marthe bedrückt. »Es sei denn, es lässt Euch unberührt, dass Tristane verschwunden ist!«
»Verschwunden?« Der Ritter zog seine Handschuhe aus und öffnete die Schlaufen seines Kettenhemdes. »Was wollt Ihr damit sagen?«
»Dass sie fort ist«, rief Marthe Branzel, gereizt von seiner unerschütterlichen Ruhe. »Sie ist nicht in ihrer Kemenate, nirgendwo in der Burg. Sie ist fort. Sie hat schon gestern Nachmittag gesagt, dass sie mich von ihrer Gegenwart befreien wolle, aber ich habe es nicht ernst genommen!«
»Wie solltet Ihr auch«, knurrte der Ritter unwillig. »Sicher sitzt sie irgendwo und schmollt. Muss ich Euch erklären, wie junge Frauen sind? Misslaunig, wenn es nicht nach ihrem Kopf geht, und höllisch anstrengend, sobald sie sich gekränkt fühlen. Achtet nicht darauf. Sie wird wieder kommen! Irgendwann wird sie des albernen Spiels leid und hat Hunger oder Durst oder schlicht den Wunsch nach menschlicher Gesellschaft ...«
»Du meine Güte, wie wenig Ihr sie kennt!«, murmelte Dame Marthe resigniert. »Sie ist keine Anne-Marie, die kindische Spielchen versucht, um ihren Kopf durchzusetzen. Sie ist die Lauterkeit in Person!«
Jannik de Morvan bediente sich, ohne zu fragen, aus einer Weinkaraffe, die auf einem silbernen Ziertischchen mit zwei Glaspokalen stand. Er trank in langen, durstigen Zügen einen davon leer, ehe er sich wieder seiner Tante zuwandte.
»Auch ehrliche junge Damen haben ihre Eigenheiten«, sagte er leidenschaftslos. »Unsere gestrige Auseinandersetzung hat sie verletzt. Wer hört schon gerne die ungeschminkte Wahrheit.«
»Sie hat mir gedankt und gesagt, sie wolle nicht länger Ursache von Zwist und Streit sein«, fügte Dame Marthe hinzu. »Ich habe gedacht, sie wolle einfach nur alleine sein. Als sie bis zum Abend nicht mehr erschien, habe ich das respektiert und gedacht, sie bleibt in ihrer Kemenate. Aber ihr Bett ist unberührt. Sie war gar nicht dort. Ich habe Angst. Sie kennt keinen Platz, wohin sie gehen kann, und ich bezweifle, dass sie irgend jemand bei Hofe um Hilfe bitten würde. Ich fürchte, sie ist einfach verschwunden, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, in welche Gefahren sie sich damit bringt.«
»Davon kann mit Sicherheit keine Rede sein«, schüttelte der Seigneur den Kopf. »Sie ist trotz allem eine vernünftige, kleine Person. AuÃerdem ist der Hund bei ihr, schon deswegen können wir sicher sein, dass ihr nichts geschehen sein kann.«
Dass sie ihre Kemenate vielleicht auch mied, weil sie ihm zürnte, behielt er für sich. Er wollte Dame Marthes Sittenstrenge nicht zusätzlich strapazieren.
»Gütiger Himmel.« Seine Tante schüttelte den Kopf. »Anne-Marie hat Euch mit ihren Dummheiten wahrhaftig jede Art von menschlichem Mitgefühl ausgetrieben. Könnt Ihr Euch nicht endlich von dem lästigen Gedanken befreien, dass alle so sind wie sie?«
»Klärt mich auf«, Jannik de Morvan nahm Zuflucht zur Arroganz.
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